Warum hat Hanf einen schlechten Ruf?

Warum hat Hanf einen schlechten Ruf?
Ferdinand Meyer 24 November 2025 0 Kommentare

Wenn du heute Hanf als Lebensmittel siehst - ob als Samen im Müsli, als Hanfprotein in deinem Smoothie oder als Hanföl auf dem Salat - fragst du dich vielleicht: Warum ist das überhaupt erlaubt? Schließlich wird Hanf seit Jahrzehnten mit Marihuana gleichgesetzt. Und doch ist Hanf nicht gleich Marihuana. Der Unterschied ist so groß wie zwischen Apfel und Birne - und trotzdem wird er oft ignoriert.

Der Irrtum, der alles veränderte

Im 20. Jahrhundert wurde Hanf in den USA und später auch in Europa mit dem Drogenkrieg verbunden. Dabei war Hanf jahrhundertelang ein Alltagsprodukt: Seile, Kleidung, Papier, Öl, Nahrung - alles kam aus Hanf. In den 1930er Jahren aber begann eine Kampagne, die Hanf als gefährlich darstellte. Medien berichteten von „Hanf-Morde“, Politiker warnten vor „Hexenmädchen, die durch Hanf zum Wahnsinn getrieben würden“. Es gab keine wissenschaftlichen Beweise. Nur Angst. Und Angst macht Gesetze.

1937 wurde in den USA das Marihuana Tax Act verabschiedet - ein Gesetz, das Hanf und Marihuana unter eine Steuer stellte, die so hoch war, dass der Anbau unrentabel wurde. Später, in den 1970er Jahren, wurde Hanf in vielen Ländern als „Drogenpflanze“ eingestuft - obwohl der THC-Gehalt in Nutzhanf bei unter 0,2 % liegt. Zum Vergleich: Marihuana hat oft 15-30 % THC. Das ist wie zu behaupten, Traubensaft sei Alkohol, nur weil man daraus Wein machen kann.

Warum ist Hanffood heute noch verdächtig?

Heute gibt es in Deutschland und der EU klare Gesetze: Hanfprodukte mit weniger als 0,2 % THC sind legal. Hanfsamen, Hanföl, Hanfprotein - alles darf verkauft werden. Und doch bleibt der schlechte Ruf. Warum?

Weil viele Menschen nicht zwischen der Pflanze und ihrer Wirkung unterscheiden können. Wenn du „Hanf“ hörst, denkst du automatisch an Rausch. Dabei enthalten Hanfsamen gar kein THC. Sie haben keine psychoaktive Wirkung. Sie bestehen aus Fettsäuren, Eiweiß, Ballaststoffen und Mineralien - genau wie Leinsamen oder Chiasamen. Nur dass Hanf noch mehr Omega-3 enthält als Leinsamen.

Ein typisches Hanfproteinpulver hat etwa 50 % Eiweiß, alle neun essentiellen Aminosäuren und ist vegan, laktosefrei und glutenfrei. Es ist eine der besten pflanzlichen Proteinquellen, die es gibt. Und trotzdem wird es von einigen als „Drogenpulver“ abgetan.

Vintage Zeitungsüberschrift aus den 1930er Jahren mit hysterischen Schlagzeilen über Hanf, im Hintergrund ein Landwirt mit Hanfstroh.

Die Rolle der Medien und der Werbung

Die Medien tragen weiterhin dazu bei, dass Hanf als bedenklich gilt. Ein Artikel über Hanföl wird oft mit Bildern von Cannabisblüten illustriert. Eine Sendung über vegane Ernährung zeigt Hanfsamen - und spricht dabei von „Marihuana-Samen“. Das ist nicht nur ungenau, es ist irreführend. Und es verfestigt den Mythos.

Werbung macht es nicht besser. Einige Marken, die Hanfprodukte verkaufen, versuchen, sich durch „Cannabis-Look“ zu vermarkten: dunkle Flaschen, grüne Farben, mystische Symbole. Sie spielen auf das Bild von „alternativ“ oder „rebellisch“ an. Doch das ist kein Hinweis auf Qualität - das ist Marketing, das auf Angst und Neugier setzt. Und das macht es für Verbraucher schwer, zwischen echtem Nutzen und künstlichem Image zu unterscheiden.

Was sagt die Wissenschaft?

Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) hat 2018 Hanfsamen als sicher für den menschlichen Verzehr bestätigt. Sie enthalten keine THC-Reste in nennenswerten Mengen - selbst wenn sie aus der Pflanze stammen, wird das THC während der Verarbeitung entfernt oder bleibt so gering, dass es keine Wirkung hat.

Studien zeigen, dass Hanföl die Hautbarriere stärkt, die Entzündungen reduziert und das Herz-Kreislauf-System unterstützt. Hanfsamen senken den Cholesterinspiegel, fördern die Darmgesundheit und liefern Magnesium, Zink und Eisen - Nährstoffe, die viele Menschen in der westlichen Ernährung nicht genug bekommen.

Und doch: In deutschen Supermärkten steht Hanfprotein oft hinter der Theke, weil der Verkäufer Angst hat, es zu verkaufen. In Bäckereien wird Hanf als „Cannabis-Produkt“ abgelehnt - obwohl es genauso harmlos ist wie Sonnenblumenkerne.

Gespaltenes Bild: links Angstsymbolik mit Cannabis, rechts helle Hanf-Nahrungsmittel mit wissenschaftlichen Symbolen.

Warum ist das Problem nicht verschwunden?

Weil der Stigma nicht nur aus Unwissenheit, sondern auch aus politischer Verantwortungslosigkeit entstanden ist. In den 1980er Jahren wurde Hanf als „Risikofaktor“ in die Drogenpolitik eingebaut - nicht weil er gefährlich war, sondern weil er einfach „anders“ war. Und seitdem hat sich niemand die Mühe gemacht, das zu korrigieren.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat nie eine klare Aufklärungskampagne zu Hanf als Lebensmittel gestartet. Keine Broschüren, keine Schulmaterialien, keine Werbung. Während andere pflanzliche Proteine wie Erbsenprotein oder Reisprotein in Fitnessstudios beworben werden, bleibt Hanf im Schatten - oder wird als „gefährlich“ abgestempelt.

Was du jetzt tun kannst

Du musst nicht alles glauben, was du hörst. Wenn du Hanf als Lebensmittel siehst, prüfe die Zutatenliste - nicht die Angst, die du in dir spürst. Hanfsamen haben keine Wirkung. Hanföl macht dich nicht high. Hanfprotein ist kein Rauschmittel - es ist Nahrung.

Probier es aus. Gib ein Esslöffel Hanfsamen in dein Müsli. Rühre ein wenig Hanföl in deinen Salat. Trink einen Smoothie mit Hanfprotein. Beobachte, wie du dich fühlst. Du wirst nichts spüren - außer besserer Energie, klarere Haut, vielleicht mehr Konzentration. Denn das ist die Wirkung von echter Nahrung - nicht von Drogen.

Der schlechte Ruf von Hanf ist kein Fakt, sondern eine Geschichte. Und Geschichten können verändert werden. Mit Wissen. Mit Mut. Mit jedem, der sich fragt: Warum eigentlich?

Ist Hanffood legal in Deutschland?

Ja, Hanfprodukte wie Samen, Öl, Proteinpulver und Mehl sind in Deutschland legal, solange sie einen THC-Gehalt von weniger als 0,2 % haben. Das ist gesetzlich geregelt und wird von der Bundesopiumstelle überwacht. Hanf als Lebensmittel ist seit Jahren zugelassen und wird von der EFSA als sicher eingestuft.

Kann man von Hanffood high werden?

Nein. Hanfsamen, Hanföl und Hanfprotein enthalten praktisch kein THC - das ist der Wirkstoff, der bei Marihuana für den Rausch sorgt. Selbst wenn Spuren vorhanden wären, wären sie so gering, dass sie keine psychoaktive Wirkung haben könnten. Du kannst so viel Hanföl essen, wie du willst - du wirst nicht high werden.

Warum wird Hanf oft mit Marihuana verwechselt?

Weil beide aus derselben Pflanzenart stammen - Cannabis sativa. Aber das ist wie zu sagen, Wein und Traubensaft seien dasselbe. Hanf ist eine Züchtung mit extrem niedrigem THC, die für Fasern, Öl und Nahrung gezüchtet wurde. Marihuana ist eine Züchtung mit hohem THC, die für psychoaktive Wirkung gezüchtet wurde. Die Unterschiede sind genetisch, chemisch und rechtlich klar.

Ist Hanfprotein besser als andere pflanzliche Proteine?

Es ist nicht unbedingt „besser“, aber sehr vielseitig. Hanfprotein enthält alle neun essentiellen Aminosäuren - das schaffen nur wenige pflanzliche Quellen. Außerdem ist es reich an Omega-3 und Ballaststoffen, während Erbsenprotein eher auf Eiweiß konzentriert ist. Hanfprotein ist auch leicht verdaulich und hypoallergen. Für Veganer oder Allergiker ist es eine der besten Optionen.

Warum ist Hanffood teurer als andere Proteinpulver?

Weil die Produktion aufwendiger ist. Hanfsamen müssen sorgfältig gereinigt, geschält und kaltgepresst werden, um das Öl zu entfernen und das Protein zu gewinnen. Zudem ist der Anbau in Europa noch begrenzt, und die Nachfrage steigt. Auch die Stigmatisierung führt dazu, dass viele Hersteller klein bleiben - was die Skaleneffekte reduziert. Es ist kein „Luxus“, sondern ein Produkt mit hohem Aufwand.